Nel suo grembo/ Evra Kedebra
Bemaltes Hintergrundbild, Projektion (Rotoskopie), Telefon, Sound
2021
Cécile Giovannini über ihr Werk:
Die Videoprojektion zeigt drei tanzende Frauen: Meine Großmutter mütterlicherseits, meine Mutter und ich. Sie scheinen Geister oder Halluzinationen zu sein, sie sind fröhlich und eine besondere Energie verbindet sie. Diese stumme Projektion wurde mit dem Rotoskopie-Verfahren hergestellt, einer alten Animationstechnik, bei der einem Film Bild für Bild handgezeichnete Elemente hinzugefügt werden, wie man sie in Filmen wie Mary Poppins (in der Originalfassung) sieht. Dieser Effekt wird durch den gemalten Hintergrund, auf den die Figuren projiziert werden, noch verstärkt und macht sie noch unwirklicher und geisterhafter. Das Gefühl, das sich dabei einstellt, ist sowohl fröhlich als auch beunruhigend, wie ein sanftes Grauen, oder wie wenn wir uns als Kinder im Spiel erschrecken.
Die Klanginstallation steht für das Band, das mich mit meiner Großmutter väterlicherseits verbindet. Diese Verbindung wird durch Klang dargestellt. Ihre „pensieri“, kleine Gedichte, die sie schreibt, werden wie auf einem Anrufbeantworter aufgenommen und endlos über den Hörer abgespielt. Das glitzernde Vintage-Telefon hat eine absurde und zeitlose Qualität. Es ist sowohl eine Verbindung zur Vergangenheit als auch eine Verbindung zu etwas sehr Realem: die Stimme eines geliebten Menschen auf dem Anrufbeantworter oder in Sprachnachrichten, die es uns ermöglichen, einen Teil dieser Person zu bewahren und ihre Erinnerung wiederzubeleben.
Diese Arbeit ist für mich der Ausgangspunkt einer Reflexion über die physische Darstellung eines inneren, intimen Raums. Diese Installation wurde für eine Ausstellung, kuratiert von Julia Taramarcaz im „Le Manoir de la ville de Martigny“ erschaffen. Sie war eine Hommage an die erste als feministisch bekannt gewordene Ausstellung Womanhouse, und fand 2021 – 2022 statt. Die Zeit der Covidkrise zwang mich dazu, über einen Weg nachzudenken, meine Installation trotz der Einschränkungen und des angstauslösenden Klimas zugänglich zu machen. So begann ich einen Prozess der Deklination meiner Arbeit in verschiedenen Formen, um möglichst vielen einen Zugang zu ermöglichen. Dieser Ansatz hat mich dazu gebracht, die Starrheit und Dauerhaftigkeit künstlerischer Produktionen zu hinterfragen. Das Werk ist oft zu sehr von der Umgebung abhängig, in der es gezeigt wird, was, wie uns die Covidkrise gezeigt hat, höchst problematisch ist. Konfrontiert mit diesen Begrenzungen wurde ich befähigt, die gesamte Existenz eines Werks zu überdenken: Sollte das Werk von einem bestimmten Ort/ einem bestimmten Bildträger abhängig sein? Besteht das Werk weiter, wenn es nicht gesehen wird? Was passiert mit dem Werk, wenn die Ausstellung zu Ende ist? Diese Fragen führten mich nun zu einer flexibleren, vielseitigeren, unabhängigeren und zugänglicheren Produktion. Transformation und Verwandlung traten anstelle von unveränderlicher Materie. Indem wir dem Werk erlauben, mehrere Formen anzunehmen, verlängern wir seine Lebensdauer, denn es kann auf verschiedenen Trägern, an verschiedenen Orten, digital oder physisch, existieren. Sobald das Werk von seiner festen Identität befreit ist, wird es organischer und kann, je nach Träger oder Ort, auf vielfältige Weise mit dem Betrachter oder Zuhörer in Dialog treten, indem es jedes Mal andere Emotionen oder Empfindungen auslöst. In unserem täglichen Leben neigen die drei Realitäten, die uns heute am vertrautesten sind – die materielle (greifbare), die digitale und die imaginäre – immer mehr dazu, zu verschmelzen und sich zu überschneiden. Diese verschiedenen Sichtweisen können so kombiniert werden, dass sie uns (fast?) unendliche Möglichkeiten bieten.
Wenn Sie eine oder mehrere der „pensieri“ erwerben wollen, können Sie objkt gehen, um Ihre digitale, limitierte Version für weniger als 10 Euros zu erstehen.
Über Cécile Giovannini
Sie ist eine italienisch-schweizerische Künstlerin/Forscherin. In den Jahren 2018 und 2019 bekam sie Künstlerstipendien für Aufenthalte im Tessin und dann in Genua. Das Erzählen ist einer der Hauptfäden ihrer Arbeit. Als Teenager entwickelte sie ihre Leidenschaft für das Kino und sammelte Videokassetten, die sie in der örtlichen Videothek kaufte, in der sie nach Abschluss ihres Studiums zwei Jahre lang arbeitete. Während dieser Zeit sah Cecile mehr als ein Dutzend Filme pro Woche und so verstärkte sich ihre Leidenschaft für gut erzählte Geschichten. Neben Filmen fließen auch Comics, katholische Sakralkunst, heidnische Legenden und populäre Kunstformen in ihre künstlerische Arbeit ein, in der sie von einer inneren Welt, die zwischen Traum und Wirklichkeit oszilliert, Zeugnis ablegt. Ihre Arbeit erforscht die Beziehung zwischen dem Körper und seiner Umgebung durch verschiedene Medien wie Malerei, Animation, Comics, Installation oder Video. In den Jahren 2019 bis 2022 wurde sie mit dem mehrjährigen Artpro-Stipendium für ihr Graphic-Novel-Projekt ausgezeichnet. Im Jahr 2022 erhalten zwei ihrer Arbeiten den Merit Award des renommierten Magazins 3X3, NY.
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